SKULPTUR UND ABSTRAKTE MALEREI VON RENÉ MAYER.

Ein unauffälliges Werk – eine anspruchsvolle Präsenz

Über fünfzig Jahre lang schuf René Mayer im Verborgenen: abstrakte Gemälde, modellierte Skulpturen, Modelle und Terrakotta-Skulpturen – ganze Serien, die nie gezeigt wurden. Erst 2023 gelangte sein Werk mit einer grossen Ausstellung im Spazio Arte Bubbio in Italien in die Öffentlichkeit. Nichts deutete auf dieses späte Auftauchen hin: keine Karrierepläne, keine Verbreitungsstrategie, kein Streben nach Anerkennung. Der Künstler hatte einfach ununterbrochen in der Stille seines Ateliers weitergearbeitet, mit absoluter Treue zum Material, zur Geste, zur Form. Dieser Rückzug war keineswegs Ausdruck einer Ablehnung der Welt, sondern ermöglichte den geduldigen Aufbau eines dichten, anspruchsvollen Œuvres von erstaunlicher formaler Kohärenz.

Die Skulpturen und abstrakten Gemälde von René Mayer sind von grundlegenden Spannungen geprägt: zwischen Schwere und Leichtigkeit, zwischen Oberfläche und Volumen, zwischen scheinbarer Unbeweglichkeit und geballter Energie.

Seine Werke versuchen weder zu erzählen noch zu illustrieren. Sie verweisen auf keine Schule, kein Manifest. Ihre Abstraktion ist weder Ausdruck einer intellektuellen Haltung noch eines beanspruchten Stils: Sie entspringt dem Inneren des Materials, der langsamen Ausarbeitung eines Gleichgewichts. Jedes Gemälde, jede Skulptur ist das Ergebnis eines langen, empirischen und aufmerksamen Prozesses, in dem die Hand testet, anpasst, poliert und überarbeitet. Das gesamte Werk ist von einer Ökonomie der Mittel geprägt: Nichts ist demonstrativ, nichts ist dekorativ. Dennoch ist die Präsenz stark, unmittelbar, fast vibrierend.

Der Blick auf diese Werke verändert sich im Laufe der Zeit. Zunächst sieht man einfache Formen – Kreise, farbige Module, in sich geschlossene Figuren –, dann entdeckt man, während sich das Auge anpasst, eine Unendlichkeit von Nuancen: Farbschimmer, Zwischenräume, unsichtbare Spannungen zwischen den Elementen. Das Ganze wirkt wie ein Wahrnehmungssystem: Es zwingt dazu, langsamer zu werden, anders zu schauen, die Lesereflexe auszusetzen. Es handelt sich nicht um spektakuläre Kunst, sondern um eine Kunst der Konzentration. Sie will nicht gefallen, sondern einen inneren Raum öffnen.

Heute ermöglichen die ersten öffentlich gezeigten Serien ein besseres Verständnis der Gesamtlogik: eine von Hand konstruierte Abstraktion, eine Farbe, die Volumen formt, eine Skulptur, die sich in Bewegung denkt. Fernab von Modeerscheinungen bietet René Mayer eine diskrete, aber tiefgründige Kunst. Er lädt nicht zur Interpretation ein, sondern zum Wahrnehmen. Zum Spüren, was Form, Licht und Materie uns noch sagen können, wenn wir uns die Zeit nehmen, ihnen zuzuhören.

Suche nach einer formalen Sprache in der Volumen und Spannungen mit Wahrnehmungsspielen interagieren

Die abstrakte Skulptur und Malerei von René Mayer entfaltet sich wie ein Alphabet elementarer Formen – Kreise, Schlitze, Kanten, Voll- und Leerstellen –, die der Künstler seit mehr als einem halben Jahrhundert unermüdlich kombiniert, dekonstruiert und neu zusammensetzt.

Fernab von Messen, Netzwerken und kuratorischen Vorgaben hat er eine Arbeitsweise entwickelt, die sich der Kurzlebigkeit entzieht: Jede Leinwand, jedes Volumen ist das Ergebnis einer langsamen, unsichtbaren Reifung, die in der Einsamkeit seines Ateliers im Piemont stattfindet. Dieser Rückzug hat nie zu einem Werk eines Einsiedlers geführt, sondern die notwendige Stille geschaffen, um die Beziehung zwischen Schwere und Leichtigkeit, Opazität und Transparenz, Unbeweglichkeit und Schwingung zu hinterfragen. So entsteht ein Werk von seltener Dichte, in dem Kohärenz keine stilistische Entscheidung ist, sondern die logische Konsequenz aus dem Hören auf die Materie.

Bei René Mayer ist Treue nicht gleichbedeutend mit Wiederholung: Sie verweist auf eine Ethik der Geste. Der Pinsel überdeckt nicht, er offenbart die latente Spannung einer Oberfläche. Der Meissel schnitzt keine Form, er befreit ein im Block bereits vorhandenes Gleichgewicht. 

Dieser fast handwerkliche Ansatz geht mit methodischer Genauigkeit einher: Pigmentversuche, Kalibrierung der Farbflächen, Überprüfung des Streulichts auf dem polierten Marmor. Der Künstler betrachtet jeden Schritt als einen Akt der Erkenntnis; das Endergebnis, sei es malerisch oder skulptural, bewahrt die Erinnerung an diese Erkundungen.

Der Betrachter ist eingeladen, diesen Weg nachzuvollziehen: Zunächst sieht er eine geordnete Anordnung von Zeichen, dann entdeckt er – während sich das Auge anpasst – winzige Flexibilitäten, winzige Farbschimmer, Zwischenräume, die Luft und Licht zirkulieren lassen. Das gesamte Dispositiv zielt darauf ab, die Wahrnehmung zu aktivieren: Das Betrachten des Werks bedeutet, gleichzeitig sein Gleichgewicht und seine Fragilität, seine Präsenz und die Energie, die es durchströmt, zu erfahren.

Eine plastische Abstraktion ohne Doktrin

In der Welt von René Mayer ist Abstraktion niemals intellektuelle Koketterie oder der Schatten einer historischen Schule; sie entsteht aus der langsamen Beobachtung der latenten Kräfte, die den Raum durchziehen. Auf seinen Leinwänden ist jedes noch so kleine Farbfragment das Ergebnis eines aufmerksamen Blicks: Er testet die Dichte eines Blaus, verändert die Intensität eines Rots, passt den leuchtenden Hauch eines Grüns an, bis er diese innere Schwingung erreicht, die das Ganze zusammenhält. Nichts erzählt eine Geschichte, alles bildet ein Wahrnehmungsfeld, in dem Figuren, Flächen, Falten und Knicke sich wie mikroskopische tektonische Platten anziehen oder abstossen.

Diese scheinbar einfache Organisation verbirgt eine anspruchsvolle konstruktive Arbeit. Einige Kompositionen scheinen Netzwerke zu kartografieren: feine Liniengeflechte, Gruppen kreisförmiger Module, in ein vertrautes Raster eingebettete Farbflächen. Dennoch wird der dekorative Effekt ständig unterlaufen. Eine chromatische Stille öffnet plötzlich eine Leere, eine axiale Verschiebung bricht die Symmetrie, ein Tonwechsel lässt die Oberfläche atmen. Das Auge wird in ein Hin und Her gezogen: Es wandert von der Gesamtbetrachtung zur genauen Betrachtung der Details und entdeckt, dass jede Kontur, jeder Zwischenraum, jede Nuance als Bindeglied zwischen Stabilität und Bewegung dient. 

In diesem Arrangement bleibt die Hand von René Mayer spürbar, aber nie demonstrativ; man spürt, wie sie sich absetzt, überprüft, poliert, als ob jeder Strich einer aktiven Meditation entspränge. Wo andere Künstler die Oberfläche durch Überladung erschöpfen, übt er sich in Ökonomie: Ein flüchtiger Strich, eine subtil gebogene Kante reichen aus, um die visuelle Spannung zu steigern. So lehnen die von ihm geschaffenen Skulpturen und abstrakten Gemälde das Spektakuläre ab und entfalten gleichzeitig eine zurückhaltende Energie; Die Abstraktion wird so nicht zu einem Stil, sondern zu einem Mittel, um das ständige Gleichgewicht zwischen gegensätzlichen Kräften zu erforschen: Fülle und Zurückhaltung, chromatische Anziehungskraft und Stille des Trägers.

Eine abstrakte Skulptur in ständiger Bewegung

Die abstrakte Skulptur von René Mayer, insbesondere in der Serie „Viva Viva“, setzt die Spannungen, die bereits in seinen Gemälden wirken, im Raum fort. Sie ist niemals die Illustration einer Idee, geschweige denn die Darstellung einer Welt. Sie entsteht vielmehr wie ein autonomer Organismus, der sich aus Volumen zusammensetzt, die sich keinem bekannten Bezugspunkt zuordnen lassen. Keine Anspielung auf die Natur, keine anatomischen Bezüge, keine Unterordnung unter eine vorgegebene Symbolik: Die Formen leben nach ihren eigenen Gesetzen, gezeichnet von einem Blick, der weniger zu imponieren als vielmehr zu enthüllen sucht. Die Massen sind nicht als stabile Elemente angeordnet, sondern als Fragmente expandierender Energie, instabil, veränderlich, beseelt von einer fast vibrierenden inneren Dynamik.

Was zunächst auffällt, ist ihr Verhältnis zum Gleichgewicht: Viele Skulpturen der Serie „Viva Viva“ vermitteln den Eindruck, als könnten sie umkippen, explodieren, sich öffnen. Einige ragen wie Fontänen aus komprimierter Materie empor, andere drehen sich um sich selbst, winden sich, ziehen sich zusammen oder entspannen sich. Dieser Eindruck von Bewegung ist nicht figurativ, sondern in der Masse selbst konstruiert.

Die Farbe spielt in dieser abstrakten Skulptur und Malerei eine entscheidende Rolle. Sie ist niemals nebensächlich. Reines Rot, klares Blau, giftiges Grün, sonniges Gelb: Diese Farbtöne knallen, dialogisieren, konfrontieren sich oder verlängern sich. Aber sie drängen sich nie als Oberfläche auf. Sie schmiegen sich an die Form, haften an ihr, schneiden sie auf oder nehmen sie wieder auf. Ihre Kombinationen erinnern manchmal an die Welt des Spiels, des Karnevals oder sogar an das populäre Design der 1970er Jahre. Dennoch verliert sich diese Vitalität nie im Dekorativen. Sie ist zurückhaltend, klar strukturiert und bis in die kleinsten Details des Volumens durchdacht. Die Skulpturen „Viva Viva“ und „Marmor & Granit“ bilden ein Universum abstrakter Werke, das stets aktiv und niemals statisch ist. Ein Werk, das nicht darstellen will, sondern eine physische Beziehung zu demjenigen herstellen möchte, der es betrachtet, sich ihm nähert, um es herumgeht. René Mayer sucht nicht den spektakulären Effekt, sondern das Entstehen einer Präsenz: eine Skulptur, die mit Formen denkt und durch sie zum Nachdenken anregt.

Für die Serie „Marmor & Granit“ modelliert der Künstler zunächst jede Skulptur in Terrakotta in kleinem Massstab, bevor sie nach seinen genauen Vorgaben in Spezialwerkstätten in Indien in Stein umgesetzt wird. Dieser Prozess verleiht der Form eine taktile Verankerung, die ihre ursprüngliche Frische bewahrt und gleichzeitig ihre monumentale Präsenz garantiert.

Farbe und Volumen – eine produktive Spannung

In der einzigartigen Welt von René Mayer ist Farbe niemals ein Zusatz oder ein reines visuelles Attribut. Sie steht im Mittelpunkt des Prozesses und ist untrennbar mit Form und Intention verbunden. In seiner abstrakten Skulptur und Malerei wirkt Farbe als konstruktive Kraft, als Träger von Spannung, Rhythmus und Räumlichkeit. Sie begleitet das Volumen nicht, sondern erzeugt es, formt es, destabilisiert es oder verstärkt es. Bei René Mayer gibt es keine Hierarchie zwischen den plastischen Elementen. Zeichnung, Struktur, Material und Farbe sind Teil desselben Atemzugs, wie die Glieder eines zusammenhängenden Organismus.

Eine Kunst ohne Anschuldigungen – aber nicht ohne Ethik

René Mayer betont gerne, dass er sich in erster Linie als Handwerker sieht: als Arbeiter mit seinen Händen, seinen Augen und dem Material, mehr als in dem Volumen ‚Schöpfer‘ im spektakulären Sinne des Wortes. Diese Präzision ist weder falsche Bescheidenheit noch Marketing-Geste, sondern fasst seine Art zusammen, täglich in seinem Atelier zu arbeiten, sich an den Modelliertisch oder die leere Leinwand zu setzen, ohne von vornherein ein Konzept, eine Theorie oder einen Slogan umsetzen zu wollen. Jede Arbeit beginnt mit dem gleichen Ritual: die Pigmente vorbereiten, den Ton anfassen, die Dichte eines Holzes oder die Rauheit einer Leinwand prüfen. In dieser bewussten Wiederholung findet René Mayer den Nährboden für seine geduldige Forschung: Er lauscht dem Widerstand des Materials, akzeptiert Unebenheiten der Oberfläche und verfeinert seine Handgriffe, bis die Form ihr Gleichgewicht gefunden hat. Die Ethik liegt bereits in dieser Disziplin: keine Abkürzungen nehmen, Zeit investieren, stille Präzision dem sofortigen Effekt vorziehen.

Seinen Werken geht kein politisches Manifest, keine Umwelterklärung voraus, und doch spürt der Besucher ein klares Engagement: das Engagement, dem treu zu bleiben, was hier geschieht, zwischen der Hand, dem Licht und dem rohen Material. In seinen abstrakten Gemälden wie in seinen modellierten Volumen versucht René Mayer nicht, etwas ‚anzuprangern‘ oder ‚zu illustrieren‘; sondern die Richtigkeit einer Spannung, die Harmonie eines Farbtons, den Atem einer Leere. Die Oberflächen scheinen sich dem Licht zu öffnen, ohne es jemals einzuschliessen; die oft klaren Farben vibrieren ohne Übertreibung, weil ihre Intensität ausgewählt, gemischt und im Laufe der Zeit erprobt wurde. Selbst die taktile Dimension – Acrylkörner, Terrakottakanten, Marmor- oder Granitschliff – ist Teil einer bewussten Entscheidung: dem Betrachter eine ehrliche Erfahrung zu bieten, frei von aufgezwungenen Effekten, die Raum für eigene Empfindungen lässt.

Was beim Betrachten einer Reihe von Gemälden oder einer Gruppe von Skulpturen auffällt, ist die Kohärenz eines einheitlichen Anspruchs. Kein Werk wirkt dekorativ oder anekdotisch, jedes zeugt von gleicher Aufmerksamkeit, egal ob es grossformatig oder eher zurückhaltend ist.

Bei René Mayer findet man keine effekthascherische Virtuosität, keine Übertreibungen, keine spektakulären Anspielungen. Stattdessen eine aktive, offene Schönheit, die sich durch die Beständigkeit ihres inneren Atems durchsetzt. Vor diesen Werken passt sich der Blick an, der Geist hält inne, die Zeit dehnt sich leicht aus, gerade so viel, dass man die Nuancen einer Lasur, den Bruch einer Linie, das Echo eines negativen Raums wahrnehmen kann. So lädt der Künstler-Handwerker das Publikum ein, langsamer zu werden, den Blick zu halten und automatische Urteile auszusetzen. Seine Zurückhaltung wird so zu einer Freiheit: der Freiheit, ohne Zwang zu betrachten, eine Emotion, eine Frage, eine persönliche Erinnerung aufkommen zu lassen – kurz gesagt, sich selbst bewusst an der Richtigkeit der beobachteten Geste zu beteiligen. Dieser Ansatz zeigt sich auch in der Wahl der Materialien. Die Bilder sind in Acryl gemalt, mit klaren, satten, selbstbewusst aufgetragenen Schichten. In der Serie „Schleichende Veränderung“ kommen mehrere hundert von ihr bemalte Casino-Chips hinzu. Die Skulpturen der Serie „Viva Viva“ hingegen sind aus Terrakotta geformt und anschliessend mit Acryl lackiert. Der Kontrast zwischen der freien Formgebung und der glänzenden, fast industriell anmutenden Oberfläche erzeugt eine besondere Schwingung. Die Rauheit der ursprünglichen Geste bleibt unter den klaren, leuchtenden Farben spürbar und erzeugt eine permanente Spannung zwischen Spontaneität und Strenge, zwischen expressiver Geste und präziser Ausführung.

In den Gemälden der Serie „Kasten“ nimmt diese Spannung eine grafische Form an. Kreise verflechten sich mit Gitternetzen, Figuren werden eingefangen, wie in einem Netz aus Linien, die sie begrenzen, ohne sie ganz einzuschliessen. Die Malerei wird zu einem Verhandlungsraum zwischen Ordnung und Unordnung, zwischen Offenheit und Zwang. Man spürt eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit der Frage, wie man Bewegung einfangen kann, ohne sie einzufrieren, wie man den Lebensimpuls in einem formalen Rahmen artikulieren kann. 

Dieses Paradoxon – das Instabile stabilisieren, strukturieren, ohne zu reduzieren – durchzieht die gesamte abstrakte Bildhauerei und Malerei von René Mayer. Aus dieser Spannung entsteht die Kraft seines Werks.

Die späte Entdeckung eines verborgenen

Es ist bemerkenswert, dass das Werk von René Mayer bis 2023 praktisch unsichtbar geblieben ist.

Fast ein halbes Jahrhundert lang waren die abstrakten Gemälde, die Skulpturenmodelle, die er im Geheimen in seinem Atelier schuf, und die Skulpturen selbst nur in einem engen Kreis bekannt: seiner Familie, befreundeten Handwerkern und einigen wenigen eingeweihten Freunden, deren Reaktionen er auf seine Forschungen sondierte. Der Gedanke an eine Ausstellung beschäftigte ihn nicht; er sammelte Leinwände, Forschungshefte und Terrakotta-Modelle in Lagerräumen, die für Neugierige unzugänglich waren.

Als René Mayer zum ersten Mal beschloss, einen Teil seines Werks der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, beauftragte er den verstorbenen Luca Beatrice – Ausstellungskurator, Leiter der Quadriennale in Rom, Kunstkritiker und renommierter Professor – mit der Organisation der Ausstellung. Diese Wahl war nicht strategisch, sondern zutiefst konsequent: René Mayer suchte einen Blick von aussen, der sein Werk verstehen konnte, ohne es in einen vorgefertigten theoretischen Rahmen zu pressen. Er beauftragte Luca Beatrice, eine Auswahl von Werken im SAB, Spazio Arte Bubbio, zu präsentieren und zu kommentieren. Diese Geste markiert einen Wendepunkt: nicht den Wunsch, sich in einen institutionellen Rahmen einzufügen, sondern den Wunsch zu beobachten, wie diese stillen Formen, die lange Zeit im Verborgenen geblieben waren, in einem Ausstellungsraum auf unbekannte Blicke treffen und Resonanz finden. Diese Entscheidung ist keineswegs karriereorientiert, sondern entspringt einem inneren Bedürfnis: der Überprüfung der Relevanz einer Arbeit, die ausserhalb des Marktes gereift ist, im exklusiven Dialog mit dem Material und der Zeit.

Mit der Enthüllung dieses Werkkorpus präsentiert René Mayer der Öffentlichkeit ein dichtes, vielschichtiges Gedächtnis, das sich aus minutiösen Farbvariationen und Volumen in verschiedenen Massstäben zusammensetzt. Viele Stücke stammen aus den 1970er Jahren, einer Zeit, in der René Mayer bereits die Spannung zwischen begrenzender und offener Form erforschte, die zum Schlüssel der Serie „Kasten“ werden sollte. Andere Ansätze leiten die Entstehung der Serie „Viva Viva“ ein: kleine Terrakotta-Skulpturen, bemalt mit leuchtenden Flächen, inspiriert von mexikanischen Pigmenten. Bis 2023 schlummerten diese Werke in den Tiefen des Kellers seines Ateliers, ohne systematische Inventarisierung oder professionelle Fotografien. Ihre Veröffentlichung ist daher keineswegs das Ergebnis einer orchestrierten Kampagne, sondern das Ergebnis einer gründlichen Untersuchung jedes einzelnen Stücks, um den Erhaltungszustand zu beurteilen, die Abmessungen zu dokumentieren und die inneren Zusammenhänge zwischen Gemälden, Vorzeichnungen und Volumen zu identifizieren.

Seit den ersten öffentlichen Präsentationen beginnt die Arbeit von René Mayer ihren Platz zu finden. Einige Galerien und Institutionen im In- und Ausland haben um Leihgaben angefragt; aufmerksame Sammler interessieren sich für Gemälde, die lange Zeit fernab der Öffentlichkeit gelagert waren. Doch der Künstler will nichts überstürzen: Er prüft jede Anfrage auf ihre kontextuelle Kohärenz und achtet darauf, dass die Inszenierung seinen Werken die nötige Ruhe und Raum zum Atmen lässt. Er zielt weder auf ein Marktsegment noch auf ein stilistisches Etikett ab, sondern sucht vor allem einen Raum für langsames Betrachten, der die Dichte einer ausserhalb der Medienwelt entwickelten Geste aufnehmen kann. Diese Ablehnung des kommerziellen Drucks verdeutlicht seine Haltung zum Schaffen: langfristig arbeiten, ohne auf Zustimmung zu warten, um eine Strenge zu erreichen, die sich selbst genügt.

Sein später Eintritt in die Öffentlichkeit wirft schliesslich eine umfassendere Frage nach dem Begriff der Sichtbarkeit auf. Was bedeutet es, zu produzieren, ohne zu zeigen? Wie kann ein Werk im Verborgenen reifen, sich mit persönlichen Geschichten füllen und dann als plötzlich kohärentes Ganzes erscheinen? Bei der Betrachtung der präsentierten Serien – „Kasten“, „Viva Viva“ und „Marmor & Granit“ – sieht sich der Besucher mit Werken konfrontiert, die losgelöst sind vom üblichen Zyklus Ankündigung-Vernissage-Verkauf. Da sie nun ausserhalb des Ateliers zu sehen sind, wollen diese Werke nicht im Sinne der Mode ‚relevant‘ sein, sondern von einem langfristigen Engagement zeugen: zu schaffen, um ein diskretes Gleichgewicht wahrnehmbar zu machen, eine Präsenz, die bisher nur der Intimität der Geste vorbehalten war.

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